Oozlebamboozle

joined 1 year ago
[–] Oozlebamboozle@feddit.de 4 points 1 year ago

Natürlich ist das System akut überbelastet, aber du hast theoretisch Anspruch auf je 6x25 Minuten Gespräch oder oftmals werden dir 50 Minutengespräche angeboten, dann eben nur dreimal (Quelle). Diese Termine bekommst du auch recht kurzfristig mit ein bisschen rumtelefonieren. Wenn du dann eine Diagnose bekommst und eine vertiefte Therapie gemacht werden muss (dazu sind min. 50 Minuten Erstgespräch bei einem Therapeuten vorgeschrieben), geht allerdings die Warterei etc. los. Außerdem wirst du dann wohl einen Konsiliarbericht vom Hausarzt brauchen, das kann auch eine Zeit lang dauern, weil hier dann auch unter Umständen medizinische Abklärungen erfolgen müssen (Schilddrüsenunterfunktion ist z.b. ein klassisches Ausschlusskriterium).

Kurzum: Ich würde jeden raten solche Sprechstunden wahrzunehmen, wenn man das Gefühl hat es belastet einen etwas. Euch stehen diese Stunden auch laut Krankenkasse zu und die Kosten dafür werden vollständig übernommen. Erwartet nur keine Wunder in den 50 Minuten, sondern sehr es als Indikation für weitere Stunden an. Manchmal sagt einem auch der erste Therapeut nicht zu, oder man weiß noch gar nicht ob man bei einem Mann/einer Frau besser aufgehoben ist. Und selbst wenn der erste Therapeut euch für normal erklärt, muss das beim zweiten nicht auch so sein.

[–] Oozlebamboozle@feddit.de 7 points 1 year ago (1 children)

Die Vorstellung, man könne quasi einen Knopf drücken, um die Asylzahlen zu senken, ist falsch, genauso wie die Vorstellung, dass es wirtschaftliche Pull-Faktoren gäbe. ZEIT ONLINE: Die gibt es nicht? Poutrus: Nein, diese Annahme ist wissenschaftlich vollkommen unbelegt.

Interessante Aussage, die ich mal in den nächsten Tagen stärker recherchieren werde. Wenn, wie im Artikel weiter geschrieben, eher die liberale Demokratie ein primärer Pull-Faktor ist als der wirtschaftliche Aspekt, dann ist es umso trauriger um die wieder aktuell aufflammende Debatte.

All das Gerede von der Flüchtlingskrise, die sich nicht wiederholen dürfe, ist wie ein Faustschlag ins Gesicht dieser Leute, die damals die Bundesrepublik vor einer humanitären Katastrophe bewahrt haben, weil Institutionen nicht handeln wollten oder schlicht versagt haben.

Aber der Grund, warum die Kommunen am Rand ihrer Möglichkeiten sind, hat wenig mit dem Thema Asyl zu tun. Die Städte und Gemeinden sind seit Jahrzehnten die Verlierer der Finanzordnung der Bundesrepublik.

Und genau diese Punkte scheinen viele in letzter Zeit aus den Augen verloren zu haben bzw. auch auf eher liberaleren Plattformen lese ich zunehmend, dass man sich eingestehen muss, dass linke Einwanderungspolitik gescheitert sei. Dabei hat man es meiner Meinung nach noch nicht mal richtig versucht! Ständig fehlen Gelder für Leute und Organisationen, die sich für Geflüchtete einsetzen wollen, selbst die Kommunen bekommen für die Schaffung von Kapazitäten keinen Zuschuss von Seiten des Bundes. Die Behörden sind überfordert und eher auf Ausweisung ausgelegt (die LdN hat mir am WE beigebracht, dass Geflüchtete einen Job bekommen unter der Voraussetzung, dass sie auch aktiv an ihrer Rückführung mitarbeiten). Vom Thema, dass Integration keine Assimilation bedeutet, will ich gar nicht erst anfangen.

Leider sehe ich auch nicht, dass irgendjemand daran interessiert ist, diese Diskussion zu verbessern. Weder unser Bundeskanzler, die Opposition noch ein Großteil der Medien scheint mal die wirklich "ehrliche" Debatte zu suchen. Stattdessen kippt die Diskussion immer weiter in eine problematische Richtung und auch auf Reddit (so kommt es mir so vor) ist in den letzten Monaten die Fäden zum Thema Migration hart abgedriftet.

[–] Oozlebamboozle@feddit.de 42 points 1 year ago* (last edited 1 year ago) (1 children)

Es geht mir viel mehr um das Framing und das dieses Thema momentan wieder hochgekocht wird, ohne das es ein eigentliches Problem darstellt. Beispiel Tagesschau-Artikel von August:

Am 30. Juni lebten dem Bericht zufolge 279.098 ausreisepflichtige Personen in Deutschland. Davon besaßen 224.768 eine Duldung. Die Zahl der Ausreisepflichtigen sei damit erstmals seit vielen Jahren gesunken.

Aha, die Zahl der Leute, die ausreisepflichtig geworden sind, sinkt also.

Die Zahl der Abschiebungen aus Deutschland ist im ersten Halbjahr um mehr als ein Viertel gestiegen. Von Januar bis Juni 2023 wurden 7.861 Personen abgeschoben, knapp 27 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Aha, wir schieben also schon so mehr ab, als vorher.

Auch die Zahl der Menschen, die freiwillig aus Deutschland ausreisten, ist gestiegen. Mit Bundes-Fördergeldern verließen 4.892 Menschen wieder das Land, mit Geldern von Ländern und Kommunen 2.309 Personen.

Die Zahl der Leute, die also freiwillig gehen, ist also auch gestiegen.

Niemand aus meiner "linken" Bubble inkl. mir ist gegen Abschiebung, wenn kein gültiger Duldungsgrund vorliegt. Was mich (und viele andere) nervt, ist das es als größeres Problem in den letzten Wochen dargestellt wird, als es ist. Und daran haben die Medien (siehe Bild) auch einen großen Anteil dran. Denn dieses Cover differenziert nicht, dieses Cover provoziert mit einem Problem, welches in der gesamten Debatte als klein (nicht "es ist nicht existent") gelten sollte.

[–] Oozlebamboozle@feddit.de 15 points 1 year ago (1 children)

Vielleicht nicht für die Titelstory, aber Sascha Lobo darf sich sicher dazu austoben.

[–] Oozlebamboozle@feddit.de 21 points 1 year ago

Ging mir ehrlich gesagt genau so. Dann doch schnell nachgeschaut, "ach du scheiße" vor dem Bildschirm gedacht, und hier gepostet, weil ich es für relevant hielt.

[–] Oozlebamboozle@feddit.de 31 points 1 year ago* (last edited 1 year ago) (1 children)

Ich möchte nochmal an meinen Kommentar erinnern, den ich von vor zwei Tagen erstellt habe mit dem Hinweis auf den symbolischen Euro. Ha, stellt sich raus, ich war damit noch zu optimistisch!

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil sprach sich dafür aus, Asylbewerber für gemeinnützige Tätigkeiten heranzuziehen. "Diese Möglichkeit gibt es heute schon im Asylbewerberleistungsgesetz"

Schauen wir doch mal ins Asylbewerberleistungsgesetz unter §5 Abs 2:

Für die zu leistende Arbeit nach Absatz 1 Satz 1 erster Halbsatz und Absatz 1 Satz 2 wird eine Aufwandsentschädigung von 80 Cent je Stunde ausgezahlt, soweit der Leistungsberechtigte nicht im Einzelfall höhere notwendige Aufwendungen nachweist, die ihm durch die Wahrnehmung der Arbeitsgelegenheit entstehen.

WAS ZUR VERFICKTEN HÖLLE!!! Und laut Artikel wäre es dann nice, wenn wir das noch in die Gastronomie ausweiten würden. Klar, machen wir so. Der Asylbewerber hat zwar noch keine Arbeitserlaubnis, kann vielleicht noch kein Deutsch, weil er den Sprachkurs noch nicht besucht hat, aber soll erstmal deine Bestellung aufnehmen. Das sind nicht nur sklavenähnliche Bedingungen, sondern wird bestimmt auch allen Seiten viele positive Meinungen vermitteln, wenn die Menschen sich nicht mal untereinander verstehen. Aber hey, schon das Känguru hat vorausgesagt, wir müssen die Leute endlich in "produktiv" und "unproduktiv" einteilen.

Die Bundesregierung hatte am Mittwoch zudem ein neues Paket für schnellere Abschiebungen und bessere Arbeitsmöglichkeiten vorgelegt und Ländern und Kommunen zur Mitarbeit aufgefordert.

Hatten wir das Paket schon genauer erläutert? Da stehen so schöne Sachen drin wie:

Die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams soll im Einklang mit dem verfassungs- und europarechtlichen Rahmen von derzeit zehn auf 28 Tage verlängert werden.

Die Durchsuchung von Wohnungen nach Datenträgern und Unterlagen wird ermöglicht, insbesondere um die Identität einer Person zweifelsfrei klären zu können.

Ebenso soll die einmonatige Ankündigungspflicht für Abschiebungen, denen eine mindestens einjährige Duldung vorausging, gestrichen werden.

Aber hey, über die Hälfte der Leute in Deutschland will das ja so.

[–] Oozlebamboozle@feddit.de 6 points 1 year ago

Vernünftig wäre es, wenn das Ganze nicht aus Zwang (ohne Repressalien) und mit ordentlicher Entlohnung passieren würde. Meiner Vermutung nach wird aber beides nicht geschehen. Denn wenn es diese Jobs bräuchte, wären sie normal ausgeschrieben. Und warum sollten diese dann, polemisch gesagt, nur den Migranten vorbehalten sein und nicht anderen auch? Und wenn man mal die Aussage "GEMEINNÜTZIGE" Arbeit hier sich etwas auf der Zunge zergehen lässt redet man entweder von a) Jobs, die kein anderer machen will, oder b) wird halt wenn überhaupt/schlecht bezahlt. Schau dir am Besten die folgende Statistik der Friedrich-Ebert-Stiftung an:

Da heißt es auch:

In den deutschsprachigen Ländern ist der Erwartungshorizont bei der Arbeitsaufnahme von Flüchtlingen offensichtlich niedrig. Das gilt auch für die breitere Öffentlichkeit, denn es gibt nur sehr wenige Presseartikel oder Dikurse über die Arbeitsaufnahme. Vorherrschend ist auf der einen Seite eine karitative Haltung und auf der anderen ein Belastungsdiskurs in Bezug auf „Einwanderung in die Sozialsysteme“. Diese Einstellungen haben lange Traditionen, denn schon seit den 1980er Jahren wurden Flüchtlinge in Deutschland als Asylbewerber_innen kategorisiert und aus dem Arbeitsmarkt herausgehalten, in den Mittelmeerländern dagegen als Arbeitskräfte betrachtet (Finotelli 2007).

"Gemeinnützige Arbeit", wie hier vorgeschlagen, ist einfach ein "Wir ändern nichts am System, das BAMF ist weiterhin völlig überfordert und überbürokratisiert. Dafür können wir jetzt schönen Statistiken zeigen, dass die Leute doch beschäftigt sind". Nichts wird sich an der Argumentation bezüglich "Einwanderung in die Sozialsysteme" ändern, wenn die Leute von ihrer gemeinnützigen Arbeit noch immer von Sozialhilfe abhängig sind.

[–] Oozlebamboozle@feddit.de 13 points 1 year ago (2 children)

Konkret soll für Kommunen die Möglichkeit der Heranziehung für gemeinnütze Arbeiten geschaffen werden.

Und was genau stellt man sich hier überhaupt vor? Das BAMF hat doch schon wahnsinnige Probleme überhaupt irgendwelche Ausbildungen und Abschlüsse anzuerkennen, also wird man hier genau was machen? Das riecht doch schon wieder nach Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der 2000er auf Wish bestellt. Die werden dann wieder irgendwas machen ohne eine nachhaltige Integration in den Arbeitsmarkt und kostet die Verwaltung sicherlich am Ende wieder zusätzlich Zeit und Ressourcen. Da die Kommunen sowieso kein Geld haben wird es darauf hinauslaufen, was @scorpionix@feddit.de meint: Die bekommen einfach nen symbolischen Euro und wenn die zu den Maßnahmen nicht erscheinen, entzieht man ihnen das Geld oder Sachleistungen.

Sachleistungen? Stimmt, da war noch was:

Zudem fordern die Länder bessere Möglichkeiten zur Umstellung der Leistungen für Asylsuchende auf Sachleistungen und bargeldlose Zuwendungen.

Tja, kaum sind zwei Landtagswahlen mit starkem, rechten Rand rum, schon gilt schon nicht mehr was man vor 6 Tagen noch so vehement abgestritten hat. Aber was interessiert mich mein Geschwätz von gestern. Ich wäre noch dafür, dass die auf ihrer Länderkonferenz noch was mit "Grenzen schließen gegen die IlLeGaLeN MiGrAnTeN", dann hätten wir das Bullshitbingo wenigstens komplett.

[–] Oozlebamboozle@feddit.de 25 points 1 year ago (5 children)

Tja, wer hätte es denn auch ahnen können, dass Leute mit niedrigerem Bildungsniveau anfälliger für Populisten sind?!

[–] Oozlebamboozle@feddit.de 24 points 1 year ago (9 children)

Ich hab da ganz schlechte Neuigkeiten für dich...

[–] Oozlebamboozle@feddit.de 4 points 1 year ago (1 children)

Ist aber ein häufiges Ding bei der heute-Show. War auch in der Sendung davor, wo es um den Lehrermangel ging und die Aussage war "Tja, sieht man ja, wenn man die Leute nicht verbeamtet, dass keiner mehr Bock drauf hat". Ich kann mich aber noch an eine der früheren Sendungen erinnern in dem aber noch gesagt wurde, dass Verbeamtung generell schlecht sei, weil hohe Kosten und Pensionsforderungen später. Ich schau die Sendung zwar noch regelmäßig aber konsequent in ihren Aussagen waren sie noch nie.

[–] Oozlebamboozle@feddit.de 19 points 1 year ago (1 children)

Ein an und für sich guter Artikel, der zwar oberflächlich zeigt, dass es Einigkeit gibt, für mich aber eben auch, woran es bei uns in Deutschland krankt:

Der Streit verläuft oftmals nicht zwischen Ja und Nein, sondern zwischen ‘Ja, aber’ und ‘Nein, aber’"

Sowas ist zwar löblich, doch genau mit der Aussage kommen wir zum Kern der Problematik. Nehmen wir die Beispiele aus dem Artikel:

75 Prozent der Deutschen sind sehr besorgt über den Klimawandel.

Und ein Großteil der Deutschen ist zu bequem was daran zu ändern. Klar kann ich mich bei meinem Flug nach Ägypten Sorgen über den Klimawandel machen, oder wenn ich mir diesen Sommer beim dritten Steak darüber auslasse, dass es doch zu heiß dieses Jahr ist: Es wird weder danach gehandelt noch entsprechend gewählt.

79 Prozent halten die Vermögensungleichheit für zu groß.

Und ein Großteil beschwert sich dann doch wie dieses Jahr über die Erhöhung des Mindestlohns und das sich arbeiten dann nicht mehr lohnt. Kann sich wer noch daran erinnern wie man an die Decke ging, weil der ärmere Teil einen größeren Heizkostenzuschuss bekommen sollte? CDU/AfD/FDP haben momentan knapp über 50% und stehen weiß Gott nicht für einen Ausbau des Sozialstaates ein.

Und so geht es durchweg, wie im Zitat genannt, weiter. Windkraft? Ja, ABER bitte nicht hier in der Region. Die neue Bahntrasse zwischen Hamburg-Hannover? Ja, ABER bitte nicht hier? Brennerzulauf? Ja, ABER bitte nicht hier. Wärmepumpe? Ja, ABER bitte nicht mehr für zahlen. Weniger Autos? Ja, ABER Parkplätze und Infrastruktur soll bitte erhalten bleiben und die anderen können auch mal. Mehr Zuwanderung? Ja, ABER weder das Flüchtlingsheim kommt in meine Nachbarschaft noch muss ich bitte was für Integration tun.

Die Bundesrepublik ist ein ziemlich einiges Land. Es gibt eine starke, ideologiefreie Mitte.

Und solche Aussagen irritieren mich dann noch mehr. Was ist denn DIE Mitte? Bin ich als jemand der z.B. einen konsequenten Ausbau der EE fordert noch Mitte? Ist das ideologiefrei? Wer definiert was die Mitte ist? Waren früher die Beschneidung der Frauenrechte keine Themen der Mitte und war das gut? Sorry, aber für mich klingt mittlerweile "die Mitte" immer mehr nach: Keine Ahnung, keine Meinung, mir egal, Hauptsache es trifft mich nicht.

Bin zwar schon ein sehr positiv eingestellter Mensch, aber man sollte doch nicht die Augen vor dem verschließen, was bei uns gerade passiert und das es vielen einfach gleichgültig ist. Der Artikel zeigt auch schön, was inzwischen Mehrheiten in der Gesellschaft hat, solange wir aber nicht danach handeln, ist es eben nur Gerede.

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