Warum werden aller Dringlichkeit des Natur- und Klimaschutzes zum Trotz seit Jahrzehnten immer mehr Autobahnen neu und bestehende immer weiter ausgebaut? Welche Rolle der Bundesverkehrswegeplan dabei spielt, erläutert anschaulich dieser Hintergrund-Beitrag des Deutschlandfunks.
Allen Urteilen und Gutachten des BVerfG [1], des EMGR [2] und des IGH [3] hinsichtlich der unbedingten Notwendigkeit eines ambitionierten Klimaschutzpolitik und der Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze hält die Bundesregierung unbeirrt am bestehenden Verfahren der Bundesverkehrswegeplanung fest. Bei diesem spielen jedoch Klima- und Naturschutzziele und kaum eine Rolle, das ganze Verfahren ist vielmehr ein gigantisches Fehlanreizprogramm für Wahlkreisgeschenke von Abgeordneten und für induzierten Kfz-Mehrverkehr.
Die der Planung zugrunde liegende Nutzen-Kosten-Analyse diente bisher dazu, möglichst viele Straßenbauprojekte wirtschaftlich erscheinen zu lassen. So können irreparable Klimaschäden mit potenziell aufsummierten angeblich eingesparten Zeitkosten ausgeglichen werden, z.B. von 15.000 Pkw, die über 80 Jahre Straßenlebensdauer am Tag jeweils durchschnittlich fünf Minuten Reisezeit einsparen). Die Auswirkungen des Straßenbau auf die Natur fließt bei der Nutzen-Kosten-Analyse gar nicht ein, die Klimafolgeschäden nur zu einem sehr geringen Teil. Und bezeichnenderweise wird eine Stunde Wartezeit eines Autofahrenden im Stau fünfmal höher bewertet als eine Stunde hochgerechneter Lebenszeit, die durch einen Unfall verloren geht [4].
Entsprechend fielen beim BVWP 2030 von 1.600 angemeldeten Projekten nur 15 als unwirtschaftlich durch – eine Erfolgsquote von über 99% [5]. Diese Rechnung war bisher schon unsinnig, aber mit den gestiegenem CO₂-Preis und Baukosten rentieren sich viele Projekte selbst nach dieser Rechnung nicht mehr.
All das interessiert Bund und Landesregierungen nicht: Die Interessen und Netzwerke der Auto- und Straßenbaulobby wiegen schwerer [6].
Weitere Infos unter #BVWPNoFunFacts
Maßnahme zur Reform der Bundesverkehrswegeplanung bei MappingZero: https://mappingzero.de/verkehr/verkehr-an-land/verkehr-an-land-ubergreifend/aufstellung-bvwp-gesetzlich-regeln
Zitierte Quellen
[1] LTO (2021) BVerfG macht Druck beim Klimaschutz. https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bverfg-1bvr2656-18-verfassungsbeschwerde-klimaschutz-teilweise-erfolgreich-freiheiten-kuenftige-generationen.
[2] LTO (2024) EGMR: Klimaklage der KlimaSeniorinnen erfolgreich. https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/egmr-urteile-klimaklagen-klimaseniorinnen-portugiesische-jugendliche-duarte-agostinho-careme-staaten-klimaschutz.
[3] LTO (2025) IGH-Gutachten: Der Durchbruch im Klimaschutz? https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/igh-gutachten-klimawandel-folgen-fuer-die-staaten.
[4] Siebert J (2022) Wie kann eine konsequent klimagerechte Verkehrsplanung aussehen? Bedarfe einer mit den Klimaschutzzielen des Übereinkommens von Paris im Einklang stehenden Mobilitäts- und Verkehrsinfrastrukturplanung des Bundes. WZB Discussion Paper, https://www.econstor.eu/handle/10419/263264, S. 55
[5] BUND - BUND für Naturschutz und Umwelt in Deutschland (2022) Desaster im Dutzend: Zwölf Autobahnen, die kein Mensch braucht. https://www.bund-hochrhein.de/service/publikationen/detail/publication/desaster-im-dutzend-zwoelf-autobahnen-die-kein-mensch-braucht/, S. 8
[6] Greenpeace e.V. (2024) Asphalt statt Alternativen. https://www.greenpeace.de/publikationen/asphalt-statt-alternativen.
Hi Zaphod, alter Hoopy! Meine ersten Recherchen haben sich bestätigt, das Auto ist die dominante Lebensform auf der Erde, die alle anderen Lebensformen unterjocht oder verdrängt. Vor einigen Jahren ist es dem ersten Auto sogar gelungen, ins All zu fliegen. Die Gefahr besteht also, dass diese Spezies auch andere Planeten kolonisiert. Möglicherweise muss ich den Eintrag über die Erde im Anhalter-Reiseführer nochmal aktualisieren.